von G. Vavra

Im Moment gibt es einige interessante Entwicklungen innerhalb der kommunistischen Weltbewegung, wobei sich immer stärker die Entwicklung von drei konkurrierenden Lagern abzeichnet. Die jüngste Entwicklung diesbezüglich spielte sich bei der Auflösung der Europäischen Initiative Kommunistischer und Arbeiterparteien ab, die am 9. September erfolgte, und zwar allem Anschein nach einseitig seitens der griechischen KKE über ein Zoom-Meeting, was von der französischen PRCF schärfstens kritisiert wurde (https://www.initiative-communiste.fr/articles/europe-capital/nous-refusons-la-dissolution-unilaterale-de-linitiative-des-partis-communistes-et-ouvriers-appel-a-la-reconstruction/).

Schon seit Jahren ist die kommunistische Weltbewegung gespalten, und zwar einerseits in das Lager jener Kräfte, die einst als „Eurokommunisten“ bezeichnet werden, und die in einem Akt ganz offenen Rechtsopportunismus nach und nach alle marxistisch-leninistischen Werte geopfert haben, und teilweise nicht einmal mehr dem Anspruch nach Marxisten-Leninisten sind. Diese Parteien stellen das bürgerliche System nicht mehr in Frage und treten nur noch sozialpolitisch hervor, sowie teils auch im Kulturkampf der Identitätspolitik, wo sie oft recht aggressiv die im westlichen Diskurs dominanten Positionen vertreten, und dabei anscheinend versuchen bürgerlicher als die Bürgerlichen zu sein. Andererseits gab es bisher ein Lager jener Kräfte, die zumindest dem Anspruch nach noch Marxisten-Leninisten waren, innerhalb dessen nun aber die Widersprüche recht deutlich zum Vorschein kamen.

Der aktuelle Anlass für das Aufbrechen dieser Widersprüche ist der Krieg in der Ukraine. Während die kommunistischen Parteien in Russland und der Ukraine die Spezialoperation und den Kampf gegen den Faschismus in der Ukraine unterstützen, ist das von der KKE angeführte Lager ultralinker Opportunisten der Meinung, dass es sich hier um innerimperialistische Widersprüche handeln würde, und die Ukraine gar nicht faschistisch sei. Schon beim XXII. Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien in Havanna im Oktober 2022 kam es bei diesem Thema zu Konflikten. Lesenswert ist hierbei die Rede vom KPU-Vorsitzenden Pyotr Symonenko, der die Position Russlands im aktuellen Krieg unterstützte. (https://actofdefiance.wordpress.com/2022/11/08/speech-by-first-secretary-of-the-communist-party-of-ukraine-pyotr-simonenko-at-the-xxii-meeting-of-communist-and-workers-parties-havana-cuba-october-2022/).

Laut einem Bericht der Russischen Kommunistischen Arbeiterpartei über dieses Treffen, hat sich ein „Komitee der Vier“ herausgebildet, welches aus den KPs Griechenlands, der Türkei, Spaniens (Arbeiter) und Mexikos besteht, und welches die schon erwähnten ultralinken, opportunistischen Positionen vertritt. (https://actofdefiance.wordpress.com/2022/11/11/on-the-xxii-international-meeting-of-communist-and-workers-parties-russian-communist-workers-party/) Die ehemalige Vorsitzende der KKE Aleka Papariga geht übrigens sogar so weit zu behaupten, dass die ukrainischen Faschisten einen „gerechten Krieg“ führen würden (https://linkezeitung.de/2023/05/28/ehemalige-griechische-generalsekretaerin-der-kommunistischen-partei-kke-sagt-die-von-der-cia-gefuehrte-ukraine-fuehre-einen-gerechten-krieg/).

Doch die Frage des Krieges in der Ukraine ist nicht die einzige Frage, die zu Spannungen zwischen kommunistischen Parteien führen. So haben mittlerweile mehrere KPs, angefangen von der KKE dem bolivarischen Venezuela die Solidarität entzogen (https://linkezeitung.de/2022/08/24/die-dkp-nicht-laenger-mehr-solidarisch-mit-venezuela/). Nicht zufällig sind das in der Regel die gleichen Parteien, die auch gegenüber sozialistischen Ländern wie China oder Vietnam nicht solidarisch sind, und den chinesischen Genossen sogar „Imperialismus“ vorwerfen.

Es zeigt sich also mittlerweile wie schon erwähnt eine Herausbildung von drei Lagern innerhalb der kommunistischen Weltbewegung. Am bedeutsamsten ist hierbei das Zentrum, das die regierenden KPs der sozialistischen Länder umfasst, und dessen bedeutendste Oppositionspartei wohl die KPRF ist. Diese KPs zeichnen sich durch internationale Solidarität mit sozialistischen Ländern und antiimperialistischen Regierungen wie jener Syriens ebenso aus, wie durch eine schöpferische Auslegung des Marxismus-Leninismus und einem Agieren gemäß der aktuellen Lage und der nationalen Verhältnisse.

Das bereits zur Genüge vorgestellte linksopportunistische Lager zeichnet sich hingegen durch Dogmatismus aus, und gerade aus diesem Dogmatismus heraus, können sie mit Bewegungen, die von diesen Dogmen abweichen, und das sind naturgemäß alle erfolgreichen Bewegungen, nicht solidarisch sein. Diese dogmatischen Parteien sind auch nicht dazu fähig Antworten auf die Probleme unserer Zeit zu bieten und versteifen sich deshalb auf allgemeine sozialpolitische Forderungen, Phrasendrescherei und Verbalradikalismus.

Das rechtsopportunistische Lager hat hingegen sämtliche Grundsätze über Bord geworfen, ist also keineswegs dogmatisch. Dennoch sind die Resultate oft dieselben, wie bei den Linksopportunisten. So ist von keinem der beiden Lager internationale Solidarität oder echter Antiimperialismus zu erwarten, und auch innenpolitisch ist sind die Ergebnisse oft dieselben: Man fordert lautstark möglichst viel Geld für möglichst wenig Arbeit, für tatsächlich drängende Probleme hat man aber keine Lösungsansätze. Und wenn sich die Arbeiter eher von Rechten angesprochen fühlen, dann liegt dies natürlich am Rassismus und an der Dummheit der Arbeiter, und nicht etwa an Fehlern der Linken.

In Österreich befinden wir uns momentan in der wenig erfreulichen, aber für westliche Länder nicht untypischen Situation, dass wir zwar linke und rechte Opportunisten haben, uns aber eine richtige KP wie die KPRF oder die KPU fehlt. Dieses Fehlen wird besonders immer dann deutlich, wenn es Krieg gibt. Es gibt zwar Demos, auf denen sich Menschen mit dem antifaschistischen Kampf in der Ukraine solidarisch zeigen, allerdings fehlen dort die KPs. Ebenso gab es seitens der sich „kommunistisch“ nennenden Organisationen in Österreich keine Solidarität mit den Völkern Libyens und Syriens, und wenn die USA eines Tages ihren Krieg gegen das sozialistische China lostreten, wird es auch für China keinerlei Solidarität seitens der österreichischen „Kommunisten“ geben.

Diese Situation innerhalb der österreichischen Linken wird sich wohl nicht von heute auf morgen ändern, obwohl eine wirkliche kommunistische Partei heute wohl nötiger wäre, denn je. Zu diesem Zweck gibt es in Wien mittlerweile die ML-Plattform, als Angebot zur Vernetzung von Marxisten-Leninisten, damit wir uns mittelfristig aus dieser misslichen Lage befreien können. Auch sonst gibt es natürlich Möglichkeiten, sich hierzulande sinnvoll politisch zu betätigen, wie z.B. die antiimperialistische Bewegung, die Friedensbewegung usw., doch auch für diese Bewegungen gilt, dass sie von einer kommunistischen Kraft profitieren würden.